Mein Herz sank in die Knie. Längst 
wusste ich, dass ich einen von diesen Tagen erwischt hatte, an denen 
alles schief zu gehen scheint. Genau: Es scheint nur so, denn kurz 
darauf wurde mein Zug angezeigt. Ein letztes Mal manövrierte ich das Rad
 duch den überfüllten Bahnhof zum Bahnsteig. Tatsächlich fuhr der Zug 
nach einer Dreiviertelstunde des Wartens los.
Belfort
 liegt im Departement Franche-Comte zwischen dem heutigen Burgund und 
dem Elsass. Bisher war meine Route exakt dem Hinweg gefolgt - der Faden 
rollte sich von hinten auf: Ich konnte Revue passieren lassen, was 
geschehen war. Ganz zu Anfang meiner Reise hatte ich in Mulhouse vorm 
Aldi einen Mann kennengelernt, der mir Belfort besonders empfahl - also 
hin da!
Es
 wurde langsam dunkel. Zusteigende trugen Jacken, sogar Schals! Ich 
hatte drei Monate keinen Schal gesehen. In Belfort kamen wir gegen halb 
neun an. Meine Karte zeigte keinen Campingplatz, nur eine 
Jugendherberge. Im Dunkel verfuhr ich mich kolossal. Immerhin hatte ich 
genug französisch gelernt, um die umständliche Wegbeschreibung eines 
Sicherheitsbeamten an der technischen Hochschule verstehen zu können, um
 die ich dreimal im Kreis gefahren war.
Und
 tatsächlich fand ich die Herberge, einen modernen Kasten, der mit 
meinen Erwartungen eines gemütlich-schrabbelingen Gebäudes nichts zu tun
 hatte.  Oben an der Rezeption saß ein Mann mit eng stehenden, geröteten
 Augen und Schmerbauch. Er flatterte mit den Flügeln: Voll. Der Laden 
war voll. Unverrichteter Dinge zog ich ab in die Nacht, ins Dunkel, mit 
stinkenden Schuhen. Unterwegs hatte ich ein Hinweisschild zu einem 
Campingplatz gesehen. Noch konnte ich hoffen, nicht wild, nass, kalt und
 ungewaschen campen zu müssen.
Erstmal
 in die Innenstadt, was essen. Ein junger Mann am Straßenrand sprach 
mich an und fragte, ob ich Hilfe bräuchte: Sowas ist ungewöhnlich, aber 
er sagte es auch selbst: Die Menschen in Belfort sind freundlich und 
hilfsbereit. Er beschrieb mir den Radweg zum Campingplatz und empfahl 
einen guten Dönermann am Bahnhof. Dort aß ich, trank ein Bier und machte
 mich auf die Suche nach dem Eldorado für die kalte Nacht. Was für ein 
Glück: Es war fünf vor zehn, als ich ankam. Der Chef und sein 
alterschwacher Schäferhund wollten gerade das Tor abschließen. Auf 
wunderbar weichem Boden schlief ich ruhig, aufgehoben und glücklich in 
meinem kleinen Zelt. Die Schuhe blieben draußen.
 
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