Max Pothmann | Autor | Bühnenbild & Requisitenbau | Köln-Bonn
Mehr Infos auf meiner Webseite www.maxpothmann.de
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28.10.2011
27.10.2011
Bild des Tages #23
Wir proben jeden Tag für Mit Zucker und Zyankali. Heute haben wir das aktuelle Material zum ersten Mal einigen Freunden gezeigt: Das gibt Aufwind und gute Tips. Ansonsten: Schlafen, Gemüse essen und ein bisschen krakeln.
23.10.2011
Bild des Tages #22
Im Moment probe ich täglich für das neue Bühnenstück Mit Zucker und Zyankali. Es ist wunderbar, wieder so intensiv mit dem Körper zu arbeiten und zu tanzen. Nachts zeichne ich - seit Längerem wieder. Hier ist Skizze #20.
18.10.2011
Toilet Paper
There have been a few times when I thought that I'd found the trick. That I'd finally gotten then hang of it. That things were rolling along just fine and would keep doing so.
But it doesn't work that way and I can't even say if that counts for everyone or just people like me (the question is irrevelant anyhow).
What I've learned is that I have to keep learning the most simple things again and again. That as soon as I've understood certain rules of how to communicate with people, of how to deal with conflicts or (more difficult) with love - the situation presents itself from a new angle and I have to start from scratch again.
At first this was just a theoretical concept, which means - toilet paper. But after a couple of years of munching over it, I've come to realize that acknowledging not to be smart, wise or of deeper experience at all - my attitude towards live has changed profoundly.
I don't know much. And I won't ever.
It is very hard to know what my instincts are telling me. Because they do know. They always knew.
How do I know that? Simple answer: They've never failed me. "Failure" only came along when I didn't listen to them or - which keeps happening - when I couldn't hear what they were saying.
These thoughts jumped to my mind after watching Steve Jobs in a post by Melanie.
15.10.2011
ich / du / es
.
ICH
steh am Bahnsteig
die Sonne scheint mich ins Gesicht
weil es ist Herbst
weil da steht die Sonne tiefer
und ich frag mich
ob es dieses Mal
wieder so lange dauert bis
die Sonne scheint mich von oben
---
DU
hast so eine Lippenring
die mischt sich nicht nur gut
mit deine Augen
sondern mit deine Finger
wie die sich bewegen
und außerdem hast du eine Strumpfhose
aus Wolle blau
- wie deine Augen
und ich denke mir
wie das wär dich küssen
mit so eine Ring dabei
aber du steigst aus der Bahn
und ich fahr weiter
---
ES
hat ein bisschen gedauert
ich geh vorher noch ins Kiosk
Tabak kaufen, Kaugummi oder eine Zeitung
und unterwegs treffe ich Leute
und wir erzählen uns was
und das Telefon muss
eigentlich immer irgendwen anrufen
es hat ein bisschen gedauert
fast beinah ein ganzes halbes Leben
bis ich versteh dass das Sitzen
vor einer leeren Seite und warten
fast beinah das Beste ist
ICH
steh am Bahnsteig
die Sonne scheint mich ins Gesicht
weil es ist Herbst
weil da steht die Sonne tiefer
und ich frag mich
ob es dieses Mal
wieder so lange dauert bis
die Sonne scheint mich von oben
---
DU
hast so eine Lippenring
die mischt sich nicht nur gut
mit deine Augen
sondern mit deine Finger
wie die sich bewegen
und außerdem hast du eine Strumpfhose
aus Wolle blau
- wie deine Augen
und ich denke mir
wie das wär dich küssen
mit so eine Ring dabei
aber du steigst aus der Bahn
und ich fahr weiter
---
ES
hat ein bisschen gedauert
ich geh vorher noch ins Kiosk
Tabak kaufen, Kaugummi oder eine Zeitung
und unterwegs treffe ich Leute
und wir erzählen uns was
und das Telefon muss
eigentlich immer irgendwen anrufen
es hat ein bisschen gedauert
fast beinah ein ganzes halbes Leben
bis ich versteh dass das Sitzen
vor einer leeren Seite und warten
fast beinah das Beste ist
11.10.2011
Meisenmeinung
Ich bin am Niederrhein. Das ist eine Herbstgegend. So richtig blüht sie erst auf, wenn der Himmel so weit nach unten reicht, dass du meinst, die graue Decke mit hochgestreckten Fingern anfassen zu können.
Nieselregen. Nirgendwo auf der Welt gibt es Nieselregen wie hier. Er ist weich und warm und er kriecht überall hin. In die Schuhe. In den Rücken. Sogar unter den Tisch des einzigen omafreien Cafés.
Nieselregen. Nirgendwo auf der Welt gibt es Nieselregen wie hier. Er ist weich und warm und er kriecht überall hin. In die Schuhe. In den Rücken. Sogar unter den Tisch des einzigen omafreien Cafés.
Die Blätter hängen schlaff und nass nach unten. Aber sie hängen. Jeder Tag, an dem es noch grün ist oder wenigstens gelb oder rot, ist ein guter Tag. Jeder Tag, an dem im Herbst noch ein paar Blätter hängen, bedeutet dass dieses wildmachende Sehnen im Februar etwas später einsetzen wird. Also bleibt hängen, Blätter. Die Blaumeisen, die vor dem Fenster auf und ab fliegen, sind mit mir einer Meinung.
Im Ofen ein Feuer. Auf dem Herd Kakao. Draußen Stille, Dämmerung und die absolute Gewissheit, dass nichts Unvorhergesehenes geschehen wird.
10.10.2011
Gentle / Emotional / Different
I've been in Germany for two weeks now after 102 days in France. I miss the sun. I miss the gentle pace of life. I miss the beauty of the landscape. And I miss the people I met there. Plus three more or less crazy dogs and a pigeon. I wonder if she's come over her coffee addiction.
Coming back to Germany was strange as usual. The first difference is obvious: The weather sucks. I got sick after a week. I'm feeling cold all the time - despite being lucky: The second half of Sepember was unusually sunny this year.
The gentle pace of life? Let's face it: We've got many good ways in Germany. But we rarely walk them in a gentle pace. A funny thing that I just now realize: After two months in France I started to meditate less and less. Once back here I have to start again to cope. Which is basically a good thing - to meditate, I mean.
I didn't consider the Germans to be an emotional people until recently. But now I think: Germans get emotional very easily. They can hardly enter or leave a full train without cooking up, being afraid, stressed, impatient or both angry and very kind at the same time.
It took me some time to understand that I'm different, too, as soon as I cross a border. Think what you will - borders do exist. I've grown up near one. It exists even though it's been practically invisible since the
Schengen agreement in 1985. Once I went there with a Chinese friend who'd been kicked out of his own country as a young man - which changed his whole life and certainly didn't make it easier. He could hardly believe that we'd just entered The Netherlands. The small street just went on. And still. I'm a different person once I'm there or in any other country.
France was great. But it's good to be back again.
07.10.2011
Long Day - Part I
Es war einer von diesen Tagen. Mein
Zelt stand schief. Ich schlief ich mit dem Kopf nach unten. Drehte mich
um. Das war auch nicht besser. Am Abend zuvor hatte ich mit dem
Straßenmusiker Dave Shire das klassische Bier zuviel getrunken. Sein
Song The Road to Anywhere hatte mich so glücklich gemacht.
Dave
beschoss, Musiker zu werden und nach Südfrankreich zu ziehen, nachdem
er 1.000.000 Meilen mit dem Truck durch Britannien gefahren war. Zehn
Jahre lebte er in der Jugendherberge Nîmes. Jetzt kommt er meist im
Sommer, wenn London ihn zu sehr nervt. Sein Zelt wird in der Herberge
verwahrt und wartet auf ihn. Ist er knapp bei Kasse, nimmt er die
Gitarre und spielt in er Innenstadt, wo ihn viele noch von früher
kennen.
An
diesem Tag war Dave ebenfalls früh aufgestanden. Er wollte sich ein
paar Euro dazu verdienen, um die Durststrecke bis zur Überweisung seiner
Rente zu lindern. Einmal knapp bei Kasse, immer bei Kasse. Das Credo
der Straße. Bevor ich mich Richtung Bahnhof aufmachte, gab ich ihm einen
Brief an Kevin, den ich schon auf der Hinreise in der Auberge getroffen hatte. Kurz darauf trat ich einen Haufen Hundescheiße.
Ich
ging ins Bad und zog den Schuh aus, um ihn zu untersuchen. War das
wirklich Hundscheiße? Der Geruchstest trieb mir die Tränen in die Augen
und legte mein Riechorgan für die nächsten zwei Stunden völlig lahm.
Notdürftig kratzte ich den Schuh sauber. Das Zeug klebte, als wäre es
dafür gemacht, stunden-, wenn nicht tagelang in der Profilsohle von
Wanderschuhen zu hängen. Vor mir lag eine lange Bahnfahrt. Wer einmal
mit stinkenden Schuhen zwei Stunden in einem Abteil verbracht hat, der
will das nicht wiederholen. Wie gesagt: Notdürftig. Die Schuhe stanken
noch immer. Sie stanken so stark, dass mir beim Schreiben noch der
Geruch durch die Nase weht.
05.10.2011
Long Day - Part II
Für die Strecke bis Lyon hatte ich mit dem Rad fast vier Tage gebraucht.
Im Zug dauerte sie anderthalb Stunden: Das Rhone-Tal sauste vorbei, die
Alpen zur Rechten. Wer in meiner Nähe saß, wirkte schlecht gelaunt. Lag
das am Geruch? Weiter ging es nach Chalon-sur-Saône ins Burgunderland.
Diese Stadt war schon auf der Hinreise ein Nadelöhr gewesen. Fast
verdurstet und mit glühendem Kopf war ich über eine enge Nationalstraße
voll schnell fahrender LKW die letzten Kilometer in die Stadt gefahren,
bis ein Netto-Supermarkt mich erlöste. Am nächsten Tag verfuhr mich in
den Ausfallstraßen und brauchte 20 Kilometer, um zur ursprünglichen
Route zurückzufinden.
Jetzt war es nicht besser. Mein Plan, eine Tagesetappe mit dem Rad
einzulegen, erwies sich als Schnapsidee. Es gab in der ganzen Stadt
keine Radwanderkarte. Man verkaufte mir kalte Quiche, die Zeitungsdame
gab mir türkisches Geld statt einer 2-Euro-Münze und meine Schuhe
stanken noch immer. Ich beschloss, weiterzufahren und kaufte ein Ticket
nach Belfort trotz der Tatsache, dass meine Karte keinen Campingplatz
anzeigte und ich erst im Dunkeln ankommen würde.
Als ich mich über den verbotenen, flachen Übergang abseits der Gleise
schleichen wollte, um das bleischwer bepackte Rad nicht die Treppen
runter und rauf zum Bahnsteig schieben zu müssen, pfiff mir ein
napoleonesker Bahnangestellter hinterher. Er verlangte das Vorzeigen
meines Tickets und zwang mich, das Rad zu tragen. Ich kam mir vor wie
ein Krimineller.
Umstieg in Dijon. Riesenchaos am Bahnhof. Alles voll Menschen: Mit dem
dick bepackten Rad kam ich kaum durch. In der Eingangshalle war es am
vollsten: Reisende standen vor den Anzeigetafeln und warteten darauf,
dass die Abfahrtszeiten- und Gleise für Züge angezeigt wurden, die schon
vor einer Stunde hätten abfahren sollen.
Ich setzte mich in die Sonne, um zu rauchen. Ein dicker Südländer
schnorrte Tabak. Mein Blättchen gefielen ihm nicht - murrend gab er mir
den Beutel zurück und zog davon. Hinter seinem Ohr steckte eine
Filterzigarette. Ich kaufte einen halben Liter Evian für zwei Euro und
fragte einen Mitarbeiter der Bahngesellschaft was los sei. Offenbar eine
Signalstörung. Wohin ich fahre? Nach Belfort. "Ah! That's the line we
have problems with!"
04.10.2011
Long Day - Part III
Mein Herz sank in die Knie. Längst
wusste ich, dass ich einen von diesen Tagen erwischt hatte, an denen
alles schief zu gehen scheint. Genau: Es scheint nur so, denn kurz
darauf wurde mein Zug angezeigt. Ein letztes Mal manövrierte ich das Rad
duch den überfüllten Bahnhof zum Bahnsteig. Tatsächlich fuhr der Zug
nach einer Dreiviertelstunde des Wartens los.
Belfort
liegt im Departement Franche-Comte zwischen dem heutigen Burgund und
dem Elsass. Bisher war meine Route exakt dem Hinweg gefolgt - der Faden
rollte sich von hinten auf: Ich konnte Revue passieren lassen, was
geschehen war. Ganz zu Anfang meiner Reise hatte ich in Mulhouse vorm
Aldi einen Mann kennengelernt, der mir Belfort besonders empfahl - also
hin da!
Es
wurde langsam dunkel. Zusteigende trugen Jacken, sogar Schals! Ich
hatte drei Monate keinen Schal gesehen. In Belfort kamen wir gegen halb
neun an. Meine Karte zeigte keinen Campingplatz, nur eine
Jugendherberge. Im Dunkel verfuhr ich mich kolossal. Immerhin hatte ich
genug französisch gelernt, um die umständliche Wegbeschreibung eines
Sicherheitsbeamten an der technischen Hochschule verstehen zu können, um
die ich dreimal im Kreis gefahren war.
Und
tatsächlich fand ich die Herberge, einen modernen Kasten, der mit
meinen Erwartungen eines gemütlich-schrabbelingen Gebäudes nichts zu tun
hatte. Oben an der Rezeption saß ein Mann mit eng stehenden, geröteten
Augen und Schmerbauch. Er flatterte mit den Flügeln: Voll. Der Laden
war voll. Unverrichteter Dinge zog ich ab in die Nacht, ins Dunkel, mit
stinkenden Schuhen. Unterwegs hatte ich ein Hinweisschild zu einem
Campingplatz gesehen. Noch konnte ich hoffen, nicht wild, nass, kalt und
ungewaschen campen zu müssen.
Erstmal
in die Innenstadt, was essen. Ein junger Mann am Straßenrand sprach
mich an und fragte, ob ich Hilfe bräuchte: Sowas ist ungewöhnlich, aber
er sagte es auch selbst: Die Menschen in Belfort sind freundlich und
hilfsbereit. Er beschrieb mir den Radweg zum Campingplatz und empfahl
einen guten Dönermann am Bahnhof. Dort aß ich, trank ein Bier und machte
mich auf die Suche nach dem Eldorado für die kalte Nacht. Was für ein
Glück: Es war fünf vor zehn, als ich ankam. Der Chef und sein
alterschwacher Schäferhund wollten gerade das Tor abschließen. Auf
wunderbar weichem Boden schlief ich ruhig, aufgehoben und glücklich in
meinem kleinen Zelt. Die Schuhe blieben draußen.
01.10.2011
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