Die Zeit liest man auch in Südfrankreich. Charlotte Roche unterhält sich im Magazin mit Jana Hensel über Sex. Singles sollen schlafen, mit wem sie finden können, ist ihre Empfehlung.
Feuchtgebiete (2008) übrigens: Wenn Bücher oder Filme explizit sexuelle Inhalte haben, ist die Mehrheit der geäußerten Meinungen nicht in der Lage, über Brüste und Körperflüssigkeiten hinweg auf sonst gebräuchliche Qualitätsparameter zu blicken. Eine Standardmeinung zu Stanley Kubricks Eyes Wide Shut (1999) war in den ersten Monaten nach Erscheinung: "Der hat wohl seine sexuellen Phantasien ausleben wollen." Wesentlich wahrscheinlicher gibt diese Aussage einen Einblick in die Phantasien der Meinenden. Eine Machtparabel läßt sich ohne Sex nicht erzählen. Jedenfalls nicht von jemandem, der sichtbar machen will.
Feuchtgebiete ist über all den Körperkram hinweg ein präzise geschriebenes Buch, von dessen sprachlicher Schlichtheit sich so manche ein Scheibchen abschneiden können. Auch wenn 'Kacke-Schwitze' kein schönes Wort ist: Charlotte Roche erfindet einge sehr bunte und lustige.
Jetzt aber zurück zum Thema: Charlotte Roche war magersüchtig, hat sich heilen lassen und spricht darüber so offen, wie man es von ihr gewohnt ist. Folgende Worte las ich, kurz nachdem ich den letzten Artikel geschrieben hatte:
Ich glaube, dass Bilder uns krank machen. Wir sind ständig mit retuschierten Fotos von Frauenkörpern konfrontiert, irgendwann glauben wir, wir müssten so aussehen. Das hat mich krank gemacht. Aber wenn man sich von diesen Bildern fernhält, wird man wieder gesund!
Das passt nicht nur lose zum vorgestrigen Artikel, sondern auch zu meinem Leben hier. Ich sehe kaum Bilder - und ich sehe auch mich selbst kaum. Im Bad gibt es keinen Spiegel. Mein Bart sprießt, wohin er will.
Außerdem fällt mir auf, wie oft man sich in der Stadt gespieglt sieht: In jeder zweiten Glasfassade nämlich. Dem nicht mehr ausgesetzt zu sein, versorgt mich mit einem beträchtlichen Maß an frischer Energie.
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