Max Pothmann | Autor | Bühnenbild & Requisitenbau | Köln-Bonn
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30.05.2012

Seltsam pünktlich

Manchmal wird es seltsam still in mir. Ich will in der Mitte des Bettes sitzen und schweigen. Stattdessen klingelt das Telefon, das sonst - wenn ich es mir wünsche - niemals klingelt.

Während ich telefoniere, werfe ich die Angel aus. Weit draußen, weit jenseits der Grenzen meines oberschenkelhohen Bettes schwimmen gelegentlich Traumfische vorbei. Die versuche ich zu fangen. Am besten geht das, wenn man auf der Mondsichel sitzt, aber nachmittags kann man das auch vom Bett aus erledigen. Ich widme meinem Gesprächspartner nur halbe Aufmerksamkeit: Telefonieren konnte ich noch nie besonders gut.

Im Hof gibt es ein Gezeter. Was ist da los? Kann man nichtmal in Ruhe fischen und telefonieren!
Ich sage Tschüss bis später und gehe raus.

Ein Vogelküken sitzt im Gang neben der Treppe. Während Papa-Vogel oder Mama-Vogel im Hof sorgenvoll keckern, tut das Küken genau das, worauf ich auch Lust habe: Es hält die Klappe. Ich freue mich, einen Vogel im Flur zu treffen (ist mein Geburtstag).

Er ist sehr klein struppig graubraun. Sein Schnabel wirkt riesig - so ist das bei Jungvögeln: sie sehen immer missmutig aus - aber das täuscht. Ich hocke mich langsam hin. Jetzt bloß nicht rumzappeln und ihm noch mehr Angst machen. Mit beiden Händen hebe ich ihn auf. Er wiegt überhaupt nichts. Ein Federball, der nichts wiegt und missmutig guckt. Sobald wir im Hof sind, fliegt er ungelenk weg. Vielleicht hatte er gerade Fahrschule - erste Flugstunden Ende Mai. In solchen Dingen ist die Natur meistens pünktlich.

13.05.2012

Wahlen / Gutes Tun

Heute war Wahl in NRW. Wie auch vor zwei Jahren habe ich mich wieder als Wahlhelfer gemeldet und den Sonntag zum großen Teil im Wahllokal verbracht. Diesen Job kann ich für alle empfehlen, die Demokratie live erleben möchten. Ich war mit fünf anderen zuständig für den Wahlbezirk, in dem ich selbst wohne. Der Bezirk umfasst nur drei Straßen plus ein Verbindungstück der Venloer Straße: Und ich wohne genau mittendrin. Also treffe ich den ganzen Tag meine Nachbarn, deren Namen ich in aller Regel nicht kenne. Trotzdem finde ich das gut. Es überrascht, wie wenige mich wiedererkennen, auch wenn man sich gelegentlich auf der Straße über den Weg läuft.

Dieses Mal waren wir eine lustige Truppe. Wenn eine Seite im Wählerverzeichnis voll war, jubelten wir und riefen: "Wahlbingo!" Das kam allerdings selten vor. Den ganzen Tag tröpfelten die Wähler einzeln ins Lokal. Oft kam auch länger keiner. Die Leute vom Nachbar-Wahlbezirk, die uns gegenüber saßen, hatten das Gefühl, zu uns kämen viel mehr Leute, aber wir waren gegenteiliger Meinung.

Wahlhelfer-Sein fühlt sich gut an. Das kenne ich aus meiner Erfahrung als Freiwilliger der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste: Freiwillig ausgeübte, ehrenamtliche Arbeit macht ungefähr, sagen wir mal 100mal so viel Freude, wie Arbeit, deren Hauptmotivation im Geldverdienen begründet liegt. Ich habe mir vorgenommen, wieder mehr über den Tellerrand zu schauen. Gleich nebenan ist das Allerweltshaus, in dem könnte ich Kindern bei den Hausaufgaben helfen. Oder, das haben wir während der Wahl recherchiert (es war ja so wenig los): Vorlesen für Jungen. Offenbar sorgt unsere Kultur in puncto Lesen für eine Benachteiligung der Jungen. Und hinterher wundern sich alle über die doofen Machos.

 Ach, man könnte so viel Gutes tun...

08.05.2012

Maxim - Meine Worte

Im Moment läuft auf ZDF.kultur die Talkshow Roche und Böhmermann, die richtet sich glaub ich an Leute wie mich, an Leute die sonst keine Talkshows gucken. Sie scheint sich gerade zum Geheimtipp zu entwickeln: Also wer mitreden will: Gucken!

Die Show wird in der Wachsfabrik Köln gedreht. Dort habe ich im März parallel geprobt. Quasi im Nebenzimmer, umgeben von 25jährigen Fernsehleuten. Wahrscheinlich hat das dafür gesorgt, dass ich am Verlauf dieses Projekts interssiert bin. Außerdem mag ich die beiden Bücher Feuchtgebiete und Schoßgebete von Charlotte Roche. 'Mögen' ist vielleicht nicht das richtige Wort. Ich finde sie entwaffnend und kraftvoll.

Wohin mit diesen Worten über Talkshows? Zu den Geheimtipps in der deutschen Talkshow-Landschaft gehört Inas Nacht. Auch als Nicht-Gucker kann ich sie empfehlen. Beim letzten Heimatbesuch zappte ich zufällig hinein und sah mich Maxim gegenüber, einem Kölner Musiker, der sich mit Reggae einen Namen machte und seit einiger Zeit auf Pop umgeschwenkt zu sein scheint. Sein Lied "Meine Worte" schafft, was nur wenige Lieder schaffen (ähnlich wie Philipp Poisel): Es lässt deutsche Sprache zu Musik werden. Ich habe statt der Talkshowaufnahme das offizielle Video gewählt. Es hat besseren Sound.