Max Pothmann | Autor | Bühnenbild & Requisitenbau | Köln-Bonn
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01.06.2010

Hapes Welt

Momentan bin ich Arbeitende Bevölkerung. Morgens falle von der Tür auf die Straße und von der Straße in eine Bäckerei. Mit Brötchen und Kaffee stehe ich am Straßenbahnsteig vor dem 'Express'-Automaten. Jeden Morgen baut sich vor mir das gleiche Ensemble auf: Ein rauchender Business-Mann, dessen Herkunft ich auf Indien rate. Er raucht mit sehr viel Herz dabei, er zieht fest an den Kippen und umgibt sich mit Qualm, dass es eine Freunde ist.

Dann ein sportlich-schlanker Mann mit kurzen, graumelierten Haaren und sein Hund. Der Hund hat Handtaschenformat und eine graue Schnauze - sein Körper ist vor Alter schon ganz steif, oft hat er den Stummelschwanz zwischen die Beine geklemmt, so als wär ihm sonst kalt. Manchmal trägt er in der Schnauze ein völlig verquetsches Wollhäschen, sein Stofftier. Der Hund hält sich (wie viele Hunde) für einen Menschen. Die Töne, die er zu seinem Herrchen spricht, sind beinahe Worte - so deutlich.

Der Latinotyp ist auch dabei. Sehr selbstbewusst, die Haare zurückgestriegelt, ein großer Kopf, elegante Bewegungen und eine Handtasche, die zumindest wie Louis Vuitton aussieht. Er strahlt überlegene Gleichgültigkeit aus, das macht er auf den ersten Blick ganz gut. Als die Fahrkarten-Kontrolleure kamen, war er natürlich dran, aber auch dabei völlig entspannt. Sein Pass sah aus wie dreimal mitgewaschen.

Die Bahn fährt mich zur Arbeit, der gesamte Weg dauert eine Stunde. Ich habe viel Zeit zum Lesen - gerade ist mir Hape Kerkelings 'Ich bin dann mal weg' in die Hände gefallen.

Mit den Seiten wird es immer lesbarer und auch immer lustiger. Hape ist nicht nur aufgrund seiner bewundernswerten geraden Zielstrebigkeit ein so guter Komiker, sondern weil er die Welt immer mit lachenden Augen betrachtet. Nicht, dass er nicht traurig oder ernsthaft sein kann - im Gegenteil. Er versteht es bloß, zurückzukommen auf den Witz in allem. Und er kann Menschen dazu bewegen, ihre Geschichten zu erzählen: Diese Gabe hätte ich auch gerne!

Ich bin noch nicht fertig mit dem Buch. Ob er sich auf seinem Weg noch fragen wird, ob Gott etwas mit Humor zu tun hat?

Hier noch meine Lieblingszene aus Hapes Kinofilm "Kein Pardon" von 1993:

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