Max Pothmann | Autor | Bühnenbild & Requisitenbau | Köln-Bonn
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12.11.2014

Um zu tanzen

Ich habe meine Sachen gepackt. Drei Teile Gepäck diesmal - ein Trolli, ein Rucksack und der Trompetenkoffer. Seit ich mir für jede Reise Gepäcklisten mache und sie speichere, geht packen schnell. Ich habe Listen für Wanderreisen, für Radreisen und Stadtreisen. Listen für zwei Tage, sieben Tage, vier Wochen. Früher war packen umständlich. Nachdem ich die Haustüre hinter mir ins Schloss hatte fallen lassen und hundert Meter gelaufen war, begann mein Gehirn alle Einzelteile des Gepäcks durchzuspulen und nach dem einen wichtigen Teil zu suchen, dass ich vergessen hatte.

Lange bestand mein Gepäck aus einem 35-Liter-Rucksack, nicht viel größer als einer für Tagestouren. Darin konnte ich mitsamt Schlafsack und obendrauf geschnallter Isomatte alles unterbringen für eine sechswöchige Reise. Das würde ich gerne noch einmal machen.

Irgendwann dachte ich: Du bist doch sowieso kaum auf deinen Beinen unterwegs - jedenfalls nicht mit Gepäck - du fährst doch fast immer mit Zug, Bus, Schiff und Auto von Ort zu Ort. Wieso nimmst du keinen Rollkoffer? Und weil meine Mutter noch einen übrig hatte, sattelte ich um. In einen kleinen, handgepäcktauglichen Trolli kriegt man alles rein, was man braucht - auch wenn man einmal um den Erdball reist und ein Jahr lang unterwegs sein will. Das habe ich noch nicht beweisen können, aber ich würde gerne.

Mein Freund Ming reiste vor zwölf Jahren für sechs Monate durch Osteuropa und Russland bis China. Er hatte nur einen Eastpak-Rucksack dabei. Er war so sparsam, dass er das Kabel für seinen Laptop nicht einpackte und während der ganzen Zeit mit einer Akkuladung auskam. Was für eine Rechnung! Sechs Monate unterwegs - einen Schulranzen als Rucksack und in diesem einen Laptop, der vielleicht acht Stunden laufen kann - wenn überhaupt. Damit ist über einen Menschen viel gesagt, oder nicht?

Je weniger ich dabei habe, desto freier fühle ich mich. Das mag daran liegen, dass ich nicht sonderlich strukturiert bin. Es fällt mir schwer, mir zu merken, was ich wohin packe. Jedes Teil, dass ich zuhause lasse, vereinfacht mein Leben, nimmt mir Stress. Es macht mir nichts, mit zwei Unterhosen auszukommen und bei jedem Duschen ein paar Teile mit in die Kabine zu nehmen, um sie zu waschen, im Gegenteil.

Jetzt liegen hier drei Gepäckstücke. Kurz habe ich überlegt, auf den kleinen Tagesrucksack zu verzichten, und nur den Trompetenkoffer als Handgepäck mitzunehmen. Aber in Seoul brauche ich eine Tasche für meine Trainingskleidung und für das Kostüm. Ja. Seoul. Da fliege ich morgen hin um zu tanzen.

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