Max Pothmann | Autor | Bühnenbild & Requisitenbau | Köln-Bonn
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28.11.2011

Illusion

Man hat mich aufgefordert über Illusion nachzudenken. Ein spannendes Wort, in vielerlei Hinsicht. Es ist ähnlich modisch wie Perspektive. Es entzieht sich eindeutiger Zuordnung, es gibt sich selbst innerhalb kürzester Zeit den Anschein, ausgelutscht zu sein. Illusion. Hier folgen lose und ungeordnet einige Schnipsel zum Thema:

Das Wörterbuch nennt zwei Hauptbedeutungen: Entweder Täuschung in der Zauberei und perspektivische Verschiebung in der bildenden Kunst, oder Trugbilder in geistig-seelischen Bereichen. Das zweite Feld ist das spannendere. Am interessantesten ist, wie so oft, der Schnittmengenbereich.

Wir alle leben mit und von Illusionen. Nicht umsonst ist ein zentrales Anliegen buddhistischer Geistesschulung das schrittweise Herabsetzen jeglicher Interpretation. Im Regelfall und zumindest unmittelbar werden Alltagsbeobachtungen mit der Realität gleichgesetzt: Eine bewusste Trennung zwischen der Wahrnehmung und Schlussfolgerungen bzw. Verknüpfungen mit weiteren Sinneseindrücken geschieht entweder gar nicht oder erst im Nachhinein. 

Dann gerne oberflächlich und mit dem heimlichen Zweck der Selbstrechtfertigung. Das nennen wir 'reflektiert'. Etwas zynisch angehaucht könnte man sagen: Je klüger der Mensch, desto überzeugender sein Selbstbeschiss.

Wie alle leben von und mit Illusionen. Niemand weiß, was die nächste Minute bringt. Nicht nur die Furcht vor dieser Tatsache - die traditionell überbewertet wird - sondern schlicht praktische, planerische Erwägungen lassen uns Parameter festlegen, mit deren Hilfe wir das Morgen (und damit das Heute) in unseren Köpfen zementieren. 

Ein Pessimist geht davon aus, dass sein Leben oder Einzelelemente desselben im Desaster enden werden. Oft verläuft dieser Prozess so heimlich, dass er selbst ihn nicht mitbekommt und sich über jedes Desaster wundert, das ihm geschieht. Dabei genügt allein die Selektion seiner Wahrnehmungen und deren ensprechende Verknüpfung, um selbst Erfolgserlebnisse zu zermörsen oder Riesen zu Zwergen schrumpfen zu lassen. Und genau das ist ein weiterer Aspekt der Illusion: Sie macht sich selbst unbemerkt. Nur so kann sie richtig wirken. Sie streubt sich dagegen, erkannt zu werden.

Der Illusion den Spiegel vorzuhalten ist ohne Hilfe kaum möglich. Verläuft dieser Prozess behutsam, kleinschrittig und mit entsprechender Vorbereitung, so werden ganze Räume voller Regale in unserem Inneren freigeräumt. Da wird Platz geschaffen für neue Illusionen. 

Schöner gesagt: Für Träume.

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