Max Pothmann | Autor | Bühnenbild & Requisitenbau | Köln-Bonn
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12.07.2011

Stationen #1


Ca. 500 km vom Startpunkt meiner Reise liegt das Dorf mit der berühmten Commonaute, nur einen Schwung von der eigentlichen Route entfernt. Ganz zu Beginn der Planung hatte ich mit dem Gedanken gespielt, dort zu halten, fand aber bei oberflächlicher Überprüfung den Umweg zu weit. Am neunten Reisetag kam ich von der Radroute ab. Also fuhr ich die Strecke von Dole bis Chalon-sur-Saône über kleine Landstraßen zwischen Feldern. Es war der erste richtig heiße Tag. Unten gelbe Weizenfelder. Oben blauer Himmel. Flaches Land. Und Mittagshitze. Ich jauchzte vor Freude.

Später wurde es das Land wellig und grün. Da standen weiße Rinder auf den Wiesen - das kam mir bekannt vor und ich dachte: Vielleicht ist es gar nicht so weit? Siehe da! Von Chalon-sur-Saône gab es sogar einen ausgebauten Radweg (alte Bahnstrecke), der mich später auch auf die Route (nach Mâcon) zurückführen würde.

Taizé ist ein kirchlicher Ort. Ich habe damit keine Berührungsängste. Gemeinschaft, Musik und Gebet werden dort auf kluge, offene Weise in den Mittelpunkt gestellt. Man trifft spannende Menschen. Und die Musik ist einzigartig. Ich komme sonst nicht viel zum Singen, obwohl ich es sehr gern tue.

Falko war in den letzten zwei Wochen bereits 10.000 Kilometer mit seinem Auto bis zum Nordkap und zurück gefahren. Seine Frau und er hatten dieses Jahr nicht zur gleichen Zeit Urlaub nehmen können. Er ist Sozialarbeiter am Rand von Berlin: Problemfamilien. Sein Gang war so schwer wie die Erlebnisse, mit welchen ihn sein Beruf konfrontiert. "Daran, dass 12jährige Mädchen von Stiefvätern oder Vätern vergewaltigt werden, daran kann man sich nicht gewöhnen", sagte er. "Die Problemfamilien, die gibt es in jeder Gesellschaftsschicht, genauso bei Rechtsanwälten wie in den Wohnsiedlungen."

Wie es der Zufall wollte, gab es eine Wiederbegegnung. Bruder Benedikt hatte ich bereits beim letzten Besuch im September 2010 getroffen und viele Malzeiten mit ihm geteilt. Er ist mit Freuden Benediktiner und Lehrer. Welcher Schulmeister sagt schon, er müsse eigentlich Vergnügensteuer zahlen für seine Arbeit? Ehemalige Schüler bitten ihn häufig, sie zu trauen. Auf Ehemaligentreffen soll er Stunden geben. Zugegeben: Er arbeitet an einer Privatschule. Wir lachten jedenfalls wieder zusammen und hatte ein gutes Gespräch über den Zusammenhang zwischen Gottbild und psychischen Störungen, das später bei Facebook und Co. endete. "To me, that's priceless", sagte Peter Pan auf Korfu vor elf Jahren.

Bei meinem ersten Besuch in Burgund begegnete ich dem jungen Jazz-Trompeter Magnus. Er spielte im Orchester, das dort jede Woche aufs neue geformt wird. Seine Musik am Sonntag Morgen ging mir damals so sehr durch Mark und Bein, wie keine Musik vorher und keine seitdem. Als würden meine Moleküle sich lösen und neu zusammensetzen: So viel Herz lag darin.

Das Fahrrad war zog viele Neugierige an und war bei Zufallsbegegnungen ein Top Gesprächsaufhänger. Ich blieb einen vollen Tag und zog erfrischt weiter.