Max Pothmann | Autor | Bühnenbild & Requisitenbau | Köln-Bonn
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06.11.2025

Ein paar Worte zur Entstehung von LEBENSFÄDEN

Eine von über 50 Mindmaps für Lebensfäden


Die Arbeit an Lebensfäden dauerte sieben Jahre. Ich begann mit einem Crowfunding-Projekt, das es mir ermöglichte, eine dreimonatige Auszeit zu nehmen, in der ich eine Skizze der Story entwickelte, deren Grundform sich bis zum Ende hielt. Nach dieser Auszeit musste ich ein Dreivierteljahr warten. Im nächsten Schritt lieh ich mir von Freunden Geld, um ein halbes Jahr unabhängig arbeiten zu können. Naiverweise nahm ich an, ich könne die Geschichte in dieser Zeit im Wesentlichen fertig schreiben. Die erste Hälfte dieser Zeit verbrachte ich auf der griechischen Insel Ithaka (passend für ein literarisches Projekt - die Heimat von Odysseus). Die Idee, drei Monate vollkonzentriert schreiben zu können, ging nicht ganz auf. Meine Abreise fiel auf den Januar. Zu dieser Jahreszeit ist es im nördlichen Mittelmeer empfindlich kalt, nass und ungemütlich. Die Hütte, in der dich dankeswerterweise praktisch mietfrei wohnen konnte, ließ sich kaum warm halten. Bei stundenlanger Schreibtischtätigkeit eine notwendige Bedingung. Hinzu kam, dass ich viel mehr am Schreibtisch saß, als ich es gewohnt war. Innerhalb kurzer Zeit reagiert mein Körper mit starken Schmerzen. Außerdem wurde ich in der grauwinterlichen Einsamkeit heftig mit mir selbst konfrontiert. 

Die Konfrontation mit dem eigenen Inneren geschieht ohnehin schon, wenn man sich auf ein intersives künstlerisches Projekt einlässt. Zusammen mit der Einsamkeit und den Schmerzen ergab sich eine Mischung, die das Tempo meines Arbeitsfortschritts bald stark verlangsamte. Gleichzeitig ging ich durch viele wichtige Lektionen - zum Beispiel musste ich mich mit dem Thema Selbstzweifel befassen, was ich bis dahin erfolgreich hatte vermeiden können - und erkannte, dass die Suche nach Einsamkeit zwar eine interessante Idee gewesen war, nicht aber ein tiefer Wunsch von mir. Mit anderen Worten: Ich brauche Menschen in meiner Nähe. Gut, das zu wissen.


Mein Schreibtisch auf Ithaka - draußen das Mittelmeer

In den folgenden Jahren hatte ich konstant mit den Schmerzen zu tun, die sich in meinen Körper eingenistet hatten. Ganz neu waren sie nicht - sie waren nur nicht mehr zu ignorieren. Denn das war vorher mein Umgang mit ihnen gewesen, typisch menschlich vielleicht. Nun musste ich genauer hinhören und mich fragen: Wo kommen sie her? Was kann ich für meinen Körper tun, damit er nicht leidet? Obwohl ich durch mein Tanzstudium und jahreslanges Krafttraining und Yoga schon recht viel wusste, fing ich nochmal neu an, mich mit Fragen nach Gesundheit zu beschäftigen und lernte in der Folgezeit viel über ein ausgewogenes Training. Außerdem begann ich, mich dem Thema Atmung zu nähern. Auf Youtube stolperte ich über die Wim-Hof-Methode (2018 noch kaum bekannt), probierte sie aus und bin bis heute dabei geblieben. Kaum ein Tag vergeht, an dem ich die Atemübungen nicht mache und vieles in meinem Leben hat sich seitdem verbessert. Ich schlafe besser. Werde seltener krank. Und gehe nun in den dritten Winter, in dem ich regelmäßig in der Sieg bade. Das tue ich nicht allein, sondern mit einer kleinen Gruppe, die sich im Laufe der Zeit gebildet hat und behutsam wächst. Wir treffen uns, atmen, meditieren, baden und gehen wieder unserer Wege. Das ist unbedingt schön.

Ein (zu) großer Teil des Weges befasste sich mit der Suche nach einer Agentur oder einem Verlag. Heute rät man Autor:innen, sich eine Agentur zu suchen, die ihrerseits nach passenden Verlagen Ausschau hält und ihre Klient:innen bei allein weiteren Fragen berät. Ich quälte mich mit dem Versuch, ein knackiges Exposé zu schreiben und meine Geschichte - an der ich viel zu nah dran war, um sie klar sehen zu können - in wenige deutliche Worte zu fassen. Ingesamt verbrachte ich mehr als zwei Jahre damit, das Exposé zu schreiben und dann an Agenturen und Verlage zu schicken. Die lange Zeit hatte einen Vorteil: Am Ende - auch nach Beratung durch Menschen aus dem Verlagswesen, die mir minimalste Erfolgschancen bescheinigten (ganz unabhängig von der Qualität des Buches) - war ich fast froh zu entscheiden, das Buch selbst zu verlegen. 

Auch dieser Weg war weit. Folgt man zum Beispiel dem Buch "Die Geschichten in uns" von Benedict Wells, in dem er seinen langen Weg zur Erstveröffentlichung schildert, übernimmt ein(e) Agent:in auch die Aufgabe, das Werk kritisch zu prüfen und Verbesserungen vorzuschlagen. Ist dann ein Verlag gefunden, folgt hier ein Lektorat, bei dem ebenfalls die Arbeit noch einmal auf Herz und Nieren geprüft wird. Den ersten Aspekt versuchte ich mit Hilfe von Testleser:innen abzudecken. Freunde lasen das Buch und gaben Feedback. Kein ganz einfaches Feld: Ein halbes Dutzend verschiedene, individuelle Meinungen abschätzen und in ein Werk einpflegen ist schon allein was den Überblick angeht eine Herausforderung. Zumal ein(e) Lektor:in deutlich mehr tut. Hier wird das Werk professionell auf Zusammenhang, klare Erzählperspektiven und viele weitere Aspekte überprüft, die ein Laie bestenfalls in Einzelfällen bewusst wahrnimmt. So gut es ging, prüfte ich das Buch selbst und übergab es anschließend immerhin einem Profi-Korrektorat, das zwar viele Fehler behob, einen Teil aber auch verschlimmbesserte.

Nun ist das Buch draußen. Ich hoffe, es findet viele Leser:innen. Und freue mich längst darauf, die nächste Geschichte, die irgendwann in einem Urlaub zu leben begann, fertig zu schreiben.